Montag, 19. April 2010

Gewitter

Hallo Zusammen,

Stellt Euch vor, es ist rabenschwarze Nacht. Dunkle Wolken verhüllen die Sterne, der Mond ist untergegangen. Der Wind kommt wie meist auf diesem Törn von vorn, wir kreuzen gegenan mit Groß und Genua, der Wind ist schwach. Am Horizont achteraus sieht man hin und wieder Wetterleuchten. Vorsorglich kommt das 2. Reff ins Groß. Da legt der Wind zu und wir staunen über Blitze, die aus den Wolken senkrecht ins Wasser fahren, Donner ist noch nicht zu hören. Der Wind nimmt weiter zu, so daß wir das Groß ganz wegnehmen und die Genua auf 1/4 einrollen. Da setzt Regen ein und der Wind verschwindet wieder.. Wir dümpeln im zunehmenden Wetterleuchten, die Blitze schlagen jetzt steuerbord ins Wasser. Oft aktivieren sie auch den Radaralarm, dessen Piepsen nervt, obwohl kein Schiff in der Nähe ist. Ausreffen? Kaum angedacht, setzt der Wind mit Sturmstärke wieder ein und der Regen fliegt waagerecht übers Schiff. Die Einschläge kommen näher und jetzt ist auch Donner da. Wir sind zwar in einer Art Faraday´schem Käfig, aber wenn der Blitz in den Mast schlägt, kann einiges an Elektronik kaputtgehen.. Ganz schön unheimlich und gruselig. Dann zieht das Gewitter steuerbord vorbei und wir können etwas ausreffen, aber das Spielchen wiederholt sich noch mehrmals. So lassen wir es dümpeln mit weitgehend eingerolltem Segel. Am Morgen ist der Spuk dann vorbei und die Sonne strahlt wieder. Und das wiederholt sich in der nächsten Nacht. Hoffentlich ist es jetzt vorüber.
So dümpeln wir unserem nächsten Ziel entgegen. Wir wollen nach Angra dos Reis, das ist 50 Meilen westlich von Rio.

Viele Grüße aus dem subtropischen Südatlantik von Jürgen
von der Leon de Mar

Dienstag, 6. April 2010

Rio Rosario II

Hallo Zusammen,

Jetzt stecken wir doch erstmal im Rio Rosario fest. Beim Versuch loszufahren, ist der Anlasser verbrannt, weil der Zündschlüssel von der "Anlaß-Stellung" nicht in die "Fahr-Stellung" zurückgesprungen ist. Der nette Schwiegersohn in Spe des hiesigen Gastwirtes des "El Muelle", hat den Anlasser mit nach Montevideo genommen und will ihn noch diese Woche repariert zurück schicken. Mal sehen. So haben wir doch noch Zeit gefunden, Freunde zu besuchen: Mein Freund Thomas aus Berlin hat einen uruguayischen Freund Bruno, Tierarzt und Farmer, verheiratet mit Graciela, Dermatologin.

Sie leben hier in der Nähe in Valdense, einem Örtchen, das vor langer Zeit von Valdensern gegründet worden ist, die die Wirren vor der Reformation überlebt haben.

Er ist Tierarzt, arbeitet aber nicht mehr als solcher, sondern ist jetzt Farmer mit riesigen Ländereien, die einer Art Genossenschaft gehören oder von dieser gepachtet sind, wenn ich es richtig verstanden habe. Ca. 60 Milchkühe, unzählige Rinder und Kälber und riesige Flächen mit Mais, Soja und Getreide. Sie haben uns drei Tage bei sich behalten und bewirtet in ihrem wunderschönen Haus. Sie arbeitet als Dermatologin in einer Art Gemeinschaftspraxis. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist der normale Uruguayer für ca. 60 Dollar im Monat versichert. Dazu ist er Mitglied eines Krankenhauses und wenn dort die Behandlung nicht gemacht werden kann, geht er mit einem Gutschein im Wert von ca. 9 Euro zum Facharzt, der für jede Behandlung dann diese 9 Euro abrechnet, in diesem Fall die Gemeinschaftspraxis, in der die Ärzte dann nach der Anzahl ihrer Konsultationen bezahlt werden. Wieviel unter dem Strich rauskommt, habe ich nicht erfahren.
Sonst war es sehr interessant, über das Land zu fahren und die verschiedenen Betriebsteile zu sehen und die Menschen, die dort arbeiten. Hier ist es etwas hügeliger, als Ostfriesland, aber ebenso weit. Die Felder sind eher noch größer und das Land dünn besiedelt. Hier in der Nähe ist eine Valdenser- Gemeinde und eine Menoniten-Gemeinde, letztere leben recht isoliert und unter sich und bewirtschaften das Land wie eine Kommune gemeinsam, zumindest habe ich es so verstanden. Außerdem ein Dorf von Schweizern gegründet, Nueva Helvetia, mit viel schweizerischer Atmosphäre.
Auch das Haus von Mengele, wo er nach dem Krieg jahrelang ungestört leben konnte, haben wir gesehen.

Sie haben uns drei Tage beherbergt, bestens bewirtet und uns einiges vom uruguayischen Leben gezeigt. Die Atmosphäre ist dörflich - man kennt sich -, die Landschaft eben bis leicht hügelig, grün und freundlich, sehr große Felder, viele Rinder, etwas Milchvieh, einige Lebensmittelbetriebe. Alle hier sind äußerst gastfreundlich.
Auf einer Sonnenuhr in Nueva Helvetia steht der Spruch:

Machs doch wie die Sonnenuhr,
Zähl die heitere Stunde nur.

Viele Grüße aus dem sonnigen, langsam herbstlich werdenden Uruguay von

Jürgen von der Leon de Mar