Samstag, 30. Juni 2018

Povenets-Schleusentreppe

Liegeplatz in Medvejhegorsk

Bilder von der Schleuse kann ich nicht zeigen, da Fotografieren hier
verboten ist

30.6.

Heute morgen haben wir unseren idyllischen Liegeplatz verlassen, der nun
nicht mehr massefreie Motor sprang auf Knopfdruck sofort an und starker
Nordwind hat uns Richtung Povenets geblasen, unter der auf die Hälfte
gerefften Genua mit bis zu 9 Knoten Fahrt. Das erste Mal auf dieser
Reise konnte Leon de Mar mal zeigen, was sie kann. Der Preis war aber
hoch, mit dem Nordwind kam die Kälte zurück und heute eine Regenfront
mit eisigen Böen. Im ersten Teil der Schleusentreppe von Povenets in den
Stalin-Kanal hatten wir den Wind genau von vorn, damit war das Anlegen
ein Kinderspiel. Hier schleust man wieder so, daß man eine Spring von
der Mittelklampe auf einen großen Haken legt, der an einem in die
Schleusenwand eingebauten Schwimm-Wagen mit nach oben fährt. Man braucht
also keine Leinen zu bedienen. Wir haben einfach eine vorgefertigte
Bucht von der Mittelklampe über den Haken geworfen und sind dann langsam
eingedampft. Weitere Leinen waren nicht notwendig. Wir waren die
einzigen in den riesigen Schleusen und alles ging schnell und
problemlos. Eben Rußland...

Freitag, 29. Juni 2018

Medvejhegorsk

Schlußball

wir mit russischer Schönheit

Schotter-Hafen

Taxifahrer gut beschützt

Tötet einander nicht

Kirche

KZ-Gräber


In der Hafeneinfahrt von Medvejhegorsk ( ein Name, den man sich weder
merken, noch korrekt schreiben kann) will der Motor wieder nicht
starten. Wir kreuzen also bei Schwachwind hin und her, schließlich
brummt der Anlasser, ermuntert durch diverse Überbrückungen von Plus-
und Minusseite. Wir haben die Erlaubnis im Handelshafen festzumachen
neben Schotterhaufen und vergammelnden Kränen. Das letzte Schiff hat
hier vor 2 Jahren abgelegt, seitdem gibt es nur noch Wächter am
Eingangstor, die die Industriebrache bewachen. Die Stadt wirkt genauso
verfallen. Beim Stadtbummel stoßen wir auf ein Haus, wo ausgiebig
gefeiert wird, Schulabschlußball in Festkleidung.
Aber der kranke Anlasser will behandelt werden. Den ganzen Vormittag und
den halben Nachmittag verbringen wir damit, Kabel neu zu verlegen,
schließlich zeigt sich das Masse-Trenn-Relais als Wackelkandidat, trotz
hörbarem Klicken schaltet es mal, mal nicht. Es wird also überbrückt,
nun haben wir keinen massefreien Motor mehr, aber der Anlasser schnurrt..

Später finden wir dann die Muße, die Gedenkstätte Sandarmoch zu
besuchen. Während des Baus des Belomorsk-Kanals ließ Stalin hier 10.000
Menschen umbringen, darunter viele ukrainische Intellektuelle und viele
andere politische Gefangene. Die Gedenkstätte besteht aus einer
schlichten Holz-Kapelle, darin ein Buch mit den Namen der bekannten
Opfer und in einem großen Waldstück, wo die Massengräber waren, viele
einzelne Grab-Kreuze und Steine, oft mit Bildern der Toten und liebevoll
mit Blumen und Kunstblumen geschmückt. Hier weht der Hauch der
schrecklichen Geschichte und gibt Anlaß, darüber nachzudenken, warum
bisher fast alle Revolutionen in Terror umgeschlagen sind. (gerade fällt
mir die portugiesische Nelkenrevolution als Gegenbeispiel ein.)

Morgen wollen wir nach Povenets zu der Kanalschleusen-Treppe.

Donnerstag, 28. Juni 2018

Von Kishi nach Karel

Abschied von Kishi

verfallenes Herrenhaus auf Karel

Pelmeni-Produktion

Norbert fährt Richtung Medvezhegorsk


Nach einem Tag " Sommer in Kishi " wollen wir weiter nach Medvezhegorsk
am nördlichen Ende des Onegasees. Guter Segelwind bis zum Abend, aber
dann ist der Motor nur schwer zu überreden, zu starten. Wir ankern bei
einer kleinen Insel nahe Karel, dort tauschen wir eine vergammelte
Elektroleitung gegen eine frisch gelötete- Heißlöten auf dem Gasherd -
und der Anlasser schnurrt wieder wie ein Kätzchen.

Leben tun wir auch nicht schlecht, mal gibt es Pelmeni, mal Rouladen,
deutsch - russische Küche. Der Rotwein aus der Krim ist etwas süß, aber
lecker.

Heute ist Badetag, der Schlauch mit Wasserpumpe, der zum Reinigen der
Ankerkette dient wird zur Dusche und mittags sieht man  frisch
gewaschene und rasiete Männner in den menschenleeren Weiten des
Onegasees. Rasmus ist wieder gnädig und präsentiert Rückenwind, der uns
mit 6 Knoten nach Medvezhegosk blasen wird.

Auch hier mitten auf dem See schnelles Internet - LTE !

Abschied von Kishi

Sonnen- Unter- und gleichzeitig -Aufgang
Meteor

Dienstag, 26. Juni 2018

Kishi

Tankstelle
Oleg fährt nach Kishi
Kishi


Nachdem Oleg angekommen ist, ist die Nacht zunächst lang, da Geburtstag
gefeiert weren muß. Zum Glück haben hier die Geschäfte Sonntags
geöffnet, so daß wir das Aufladen der Telefonkarten und einen
Großeinkauf erledigen können. Damit ist der Sonntag auch schon vorüber
und für Montag ist Tanken angesagt. Es gibt eine Bootstankstelle, an der
auch die Schnellfähren Meteor (Tragflügelboote) betankt werden.
Angeblich muß man sich deshalb vorher anmelden. Der Kapitän eines
Ausflugsbootes hat uns die Telefonnummer gegeben. Um 8.30 Uhr bekommen
wir die Auskunft, bis 12 sei alles besetzt, dann könnten wir kommen.
Weil wir keinerlei Schiffsbewegungen im Hafen, wo die Tankstelle liegt,
bemerken, vermuten wir, daß der Tankwart Montag Morgen nicht zu früh
gestört werden wollte.. Mit einer sehr ungewöhnlichen Pumpe geht das
Betanken dann aber schnell und billig ( ca. 70 Ct. pro Liter). Und dann
ist uns Rasmus günstig gestimmt, so daß wir nach Kishi segeln können. In
Petrozawodsk hatten wir für lau mitten im Zentrum gelegen..
Abends machen wir an einem kleinen Anlegesteg fest, werden aber bald
verscheucht - wir sollen ankern. Kishi ist nicht die Insel mit dem
erwarteten Kloster sondern eine Art Museumsinsel, staatlich geleitet und
kontrolliert. Abends um 8 müssen alle Fremden Kishi verlassen haben,
morgens um 8 wird wieder geöffnet. Am Kai liegen 5 große
Ausflugsdampfer, dazu kommen noch die Schnellfähren von Petrozawodsk. So
kommen täglich mehrere tausend Besucher, die in Gruppen durch die
Sehenswürdigkeiten geführt werden. Neben der alten Holzkirche mit den
berühmten Holz-Zwiebel-Türmchen gibt es noch reichlich kleinere Kapellen
und alte Bauernhäuser, teils mit der alten Einrichtung von vor 200 Jahren.
In der Kirche sehenswerte Ikonen. Einem Tischler, der die Holzschindeln
herstellt, können wir zusehen, wie er die gebogenen Schindeln aus einem
Espen-Stamm fertigt allein mit einem Hammer, einem Keil und einer Axt.
Abends scheint der Fast-Vollmond über der alten Kirche und wir verlieren
uns tatsächlich in Betrachtungen über die Himmelsleiter.
Morgen geht es weiter Richtung Belomorsk-Kanal.

Donnerstag, 21. Juni 2018

In Petrozawodsk

Sturm
Kunstmeile
Gas Tanken
Glück im Waschsalon
Reste von Sozialismus in der Kantine

21.6.

Petrozawodsk überrascht heute mit Hochsommer, Trommlern ( Conga?) am
Strand und freundlichen Leuten- wenn ich nur russisch verstehen würde..
Gestern haben uns die Bordfrauen zu einem Abschiedsessen eingeladen im
Restaurant Petrowski. Wir waren die einzigen Gäste. Im Kellergewölbe,
die einzelnen Abteile  durch massive Gitterzäune voneinander getrennt,
an der Wand ein Bärenfell, im Eingangsbereich ein Ölbild von Peter.
Freundlicher Kellner mittleren Alters, mehrsprachige Speisekarten, der
Kellner kann jedoch die Gerichte auf der englischen Karte nicht
identifizieren.. Aber letztlich bekommen wir alles, was wir bestellt
haben und es schmeckt gut. Als Aperitiv bestellen wir trockenen
russischen Sekt, bekommen leicht süßen, trotzdem lecker. Eine 2. Flasche
ist nicht zu bekommen, es war die letzte im Keller. Dafür zum Dessert (
Eiscreme mit verschiedenen Toppings) ein leckerer russischer Muskat-
Weißwein.
Mit dem Taxi fahren wir zu einer Tankstelle, dort schraubt der Tankwart
einen Adapter an unsere Gasflasche, stellt die Flasche auf eine Waage
und füllt aus einem Autogas-Schlauch in 10 Sekunden 5 kg Propan ein.
Schwieriger ist die Wäsche, die erste Wäscherei, die wir finden wäscht
alles außer Unterwäsche, die freundliche Dame am Tresen bestellt uns
aber ein Taxi zu einer Bekannten, die eine Waschmaschine betreibt
ziemlich weit vom Zentrum. Jetzt hängt das Schiff voll mit Wäsche zum
Nachtrocknen. Die Wartzezeit verbringen wir in einer Kantine mit
sozialistischer Anmutung.
Noch schwieriger scheint das Betanken des Schiffes mit Diesel. Der
Tankwart an einem Kleinboot-Hafen hat zwar Diesel, scheut sich aber, an
ausländische Schiffe zu verkaufen. Er hat letztes Jahr einen polnischen
Segler betankt und daraufhin Besuch von der Geheimpolizei FSB bekommen,
die Schwierigkeiten will er nicht mehr. Ein freundlicher Kapitän eines
Ausflugsbootes, das neben uns anlegt telefoniert lange mit seinem
Diesel-Lieferant. Dort könnten wir tanken, aber nur gegen Rechnung und
Überweisung. Da ich nicht weiß, ob das über meine Banken problemlos
geht, haben wir lange weiterverhandelt und jetzt dürfen wir wohl dort
auch bar bezahlen. Wir müssen uns nur 24 h vorher anmelden. Mal sehen..
Heute Nacht verlassen uns Ann-Christine, Renate und Viktor... Oleg
erwarten wir übermorgen am 23.6.
Von Rußland immer mehr begeistert grüßt
Jürgen

Mittwoch, 20. Juni 2018

Petrozawodzk

Ann Christine als Fischerin
Festgemacht am Zaun der Kulturmeile


Von Shalski segeln (!) wir 25 sm zur Ostbucht von Bolshoi Klimatski, wo
Rasmus endlich einen guten Schluck abbekommt. Hier im Nirgendwo haben
wir das erste Mal in Rußland kein Netz.  Am 19.6. schickt Rasmus uns den
ersehnten Südwind mit 13 Knoten, der uns unter Segeln 43 Meilen bis in
die Kunstmeile von Petrozawodsk bläst. Am Gartenzaun machen wir fest, er
zeigt ja auch Anker- und Segelschiffsmotive. Bisher haben wir keinen
Offiziellen getroffen, der uns hier vertrieben hätte..
Heute ist der Liegeplatz aber nicht mehr so lauschig, da Windstärke 7 
Wind und Wellen den Fendern und Festmachern odentlich zusetzen und uns
kräftig durchschaukeln.
Auch Peztrozawodzk beeindruckt durch rege Kunstszene und nette Cafés.
Wir sind aber nicht die erwartete Sensation, 2 Teenis blicken kaum von
ihren Smartphones auf, als wir anlegen.
Auch auf Marinetraffic.com ist unsere Position in Petrozawodzk zu sehen.
Bald heißt es Abschied nehmen von Viktor, Renate und Ann-Christine. Da
breitet sich trotz dem Geschaukel  eine Wolke von Melancholie im Schiff aus.
Wir müssen noch Gas und Diesel bunkern ( suchen). Die Wassertanks haben
wir mit Onega-See-Wasser vollgefüllt. Und dann erwarten wir Oleg bevor
es weitergeht nach Kishi.

Sonntag, 17. Juni 2018

Teufelsnase Petroglyphen Party

Petroglyphen
Party
Shalsky


Wir haben wieder versäumt, Rasmus seinen Anteil zu geben und so
verschließt er den versprochenen Südwind in seinem Hochdruckbeutel. Bei
30 Grad sind wir auch mitten im Onegasee ein begehrtes Ziel für die
Mücken. Der Volvo frißt die letzten Tropfen aus dem Tank und bleibt auf
hoher See stehen. Abr wir haben ja noch 140 l im Reservetank. So
erreichen wir die Teufelsnase und auf 4 m greift das Grundeisen. Der
neue Elektroaußenborder bringt uns an den Strand und durch einen
Mischwald geht es flugs zur Spitze der Nase des Teufels. Hier haben
unsere (?) Vorfahren Petroglyphen hinterlassen. Wir sind mit unserer
Yacht wieder die Sensation und bald finden sich andere Boote ein zur
Party mit Vodka und Brot mit ganz scharfem Senf. Als ich beides ohne
Zögern und mit dem Trinkspruch : "mögen wir sterben und in Eichensärgen
begraben werden, die aus 100-jährigen Eichen gemacht sind, die heute
gepflanzt werden" runterspüle kennt der Jubel keine Grenzen. Leider
verstehe ich kein russisch und unsere Gäste keine anderen Sprachen.
Deshalb nehmen sie bald Viktor mit und legen ihn morgens um 5 an Deck
ohne Schuhe. Die liefern sie um 10 nach, Viktor schläft weiter den
Schlaf des Gerechten.
Doch die Sonne weckt uns unerbittlich, so daß wir unter Ann-Christines
Leitung Kurs Schalsky nehmen. Wir segeln! für die 8 Meilen brauchen wir
allerdings 4 Stunden. In Schalsky sind wir wieder die Attraktion am
ehemaligen Fähranleger.

Petrozawodzk rückt näher und der Crewwechsel.

Freitag, 15. Juni 2018

In Ustje

Viktor backt Pfannkuchen

Navigation mit Yandex

Akademie für Katastrophenschutz und Seenotrettung  Ustje

15.6.18

Für heute ist Südwind angesagt, zumindest von Windy.com, nicht so auf
den Grib-Files des amerikanischen Wetterdienstes. Es herrscht totale
Flaute, spiegelglatte See, wir fahren trotzdem los Richtung Ustje, an
einem kleinen "Nebensee" des Onega gelegen. Unterwegs wollen wir Fische
fangen an einer lt. Karte steinigen Stelle mit Abhängen. Verschiedene
Pilker kommen zum Einsatz jedoch kein Fisch will beißen.
Zwischenzeitlich backt Viktor die besten Blini der Welt nach einem
Online-Rezept. (Punkt 5: man braucht eine Pfanne..)

Zur Einfahrt nach Ustje benutzen wir Yandex, das russische Google-Earth
(viel besser als das amerikanische), da die Seekarten keine Details
hergeben. Wir landen in einer neu gebauten Akademie zur Ausbildung von
Unfall und Katastrophenhelfern, werden freundlich begrüßt, dürfen im
Gästehaus duschen und alles für lau. Wir sind die ersten Deutschen hier.
Auch hier bewährt sich das aufholbare Schwert, denn in der engen
Einfahrt sind nur 2,30 und am Liegeplatz schließlich nur 1,50 m Wassertiefe.

Morgen weiter zur Teufelsnase

Donnerstag, 14. Juni 2018

Voznezenje - Warten auf Südwind

Leonid
Seine Freizeitanlage
Ann-Chris backt die besten Pfannkuchen der Welt


Auf unserer Reise den Swir hinauf Richtung Osten wird die Welt immer
russischer, wie ich mir das so vogestellt hatte. Einsame Natur, hin und
wieder eine Holzverladestelle, hin und wieder gigantische
Industriebrachen, Dörfer mit alten Holzhäusern aus Baumstämmen
gezimmert, eine Fähre, auf der Schwalben nisten, Babuschka tieftraurig
mit ihrer nierenkranken Katze auf dem Weg zum Tierarzt, ein junges
Pärchen mit einem alten Peugeot 504, die unsere Einkäufe zur Fähre
fahren, ein Lenin-Denkmal, und wir zu Gast bei Leonid, der seit 10
Jahren seinen Traum einer Ferienhaus- und Steganlage für Yachten und
Hobbyfischer verwirklicht. Er wohnt in einem Haus mit Glasfront, umgeben
von Ferienhäuschen und wunderbaren Holzfiguren.
Hin und wieder passiert uns ein riesiges Kreuzfahrtschiff auf der Reise
von Petersburg nach Moskau und zurück, sonst wenige Holzfrachter, hin
und wieder ein Angler.
Norbert fängt einen Barsch, Ann-Chris backt Apfelpfannkuchen. Die Sonne
scheint tags, nachts wird es bitterkalt. Heute Abend werde ich erstmals
den Ofen anschmeißen.
Morgen wartet der Onegasee mit Südwind.