Mittwoch, 30. Dezember 2009

Valdivia adé

Hallo Zusammen,

Irgendwie waren es schöne Tage in Valdivia. Die Stadt ist nach dem Erdbeben von 1960 nicht wirklich schön wieder aufgebaut worden, aber je länger man durch die Straßen mit den heruntergekommenen Häusern und teilweise fehlendem Asphalt geht, um so heimeliger wird es einem. Es ist eine Kleinstadt, eigentlich von Deutschen geprägt, die hier Mitte des 19 Jahrhunderts angesiedelt wurden - damals wurde das Land praktisch verschenkt an Interessenten - und die weitere Einwanderer aus Deutschland angelockt haben, dann nach 33 Juden, nach 45 Nazis.
Chile ist ein Land, das nicht arm wirkt, die Wirtschaft scheint gut zu laufen, in der Region von Valdivia vor allem die Forstwirtschaft. Riesige Wälder werden abgeholzt und als Holzschnipsel nach Japan verkauft. Wo ursprünglich Kiefern gestanden hatten, werden dann Eukalyptusbäume gepflanzt, die schneller wachsen. Immerhin wird weder aufgeforstet, das ist wohl auch gesetzlich geregelt.
Wir haben im Club de Yates festgemacht, wo wir ganz aufmerksam und lieb empfangen wurden und man uns jede erdenkliche Hilfe zukommen lassen hat. So wurde Diesel mit einem Tankwagen direkt zum Schiff geliefert, Gas wurde geliefert, Es gab eine supersaubere gute Dusche und alles für nur 7 Euro am Tag.
Seekarten gibt es in Valdivia nicht, Thomas fährt deshalb mit dem Bus nach Puerto Montt, wo es einen Atlas mit Karten von ganz Chile gibt.
Ingo hat einen Ölofen mitgebracht, den wir in die ehemalige hintere Toilette einbauen. Damit es im ganzen Schiff warm wird, säge ich große ovale Löcher in die Wand, irgendwie fühlt man sich im Salon jetzt wie in einer gotischen Kapelle. Jedenfalls heizt er gut.
Schwieriger war es, eine Verlängerung für die Ankerkette zu bekommen, in einem Laden haben wir passende Kette bestellt und extra die Kettennuß mitgebracht zum ausmessen. Die Musterkette passte auch auf die Nuß, nur die nach 4 Tage gelieferte hatte dann andere Dimensionen. Schließlich habe ich im Yachtclub von einem chilenischen Segler eine einigermaßen passende Kette bekommen, mit der ich unsere von 50 auf 80 m verlängert habe.
Es gibt aber auch komische Bürokratie in Chile.
Zum Befahren der chilenischen Gewässer braucht man ein "Zarpe", das von der "Armada" , der Marine ausgestellt wird. Die Armada hat hier alles, was mit Seefahrt und Küsten zu tun hat, unter Kontrolle.
Ich mußte also bevor wir losfahren konnten, zum Büro der Armada und ein Zarpe beantragen. Dazu brauchrten sie die üblichen Angaben aus dem Flaggenzertifikat und die Pässe aller Mitsegler.
Offenbar haben die Soldaten aber selten ausländische Pässe gesehen, denn sie schreiben nur die Vornamen ab. Dann entsteht eine Diskussion über das Gewicht der Leon de Mar. Im Brief steht wie von der Werft angegeben 9 Tonnen, das ist den Bürokraten zu wenig, deshalb setzen sie das Gewicht mit 15 Tonnen fest. Offenbar richtet sich die Gebühr nach der Tonnage.
Schließlich werde ich an eine Mitarbeiterin verwiesen, die eine Rechnung erstellen soll. Irgendwie kommt sie mit dem Computerprogramm nicht zurecht oder die Software funktioniert nicht, jedenfalls warte ich eine ganze Stunde bis sie die Rechnung ausdrucken kann. Es handelt sich um 20 Dollar und 64 Cent, komischerweise US-Dollar und nicht chilenische Pesos..
Diese Rechnung soll ich in der nahen Bank BCI bezahlen. Ich gehe also zur Bank und muß mich in eine lange Schlange stellen, die vor den Kassen wartet. Nach 45 Minuten Warten gebe ich die Rechnung und entsprechend Pesos, ersatzweise 20 Euro rüber, aber so einfach geht das nicht, schließlich soll ich Dollar bezahlen. Ich muß also zu einem anderen Schalter und da sagt die freundliche Dame, daß ich Dollar brauche und die mir irgendwo umtauschen soll, ihre Bank könne nicht wechseln. Nach einem kleinen Palaver schickt sie mich dann zum Filialleiter, der erst kooperativ wird, als ich ihm sage, er könne doch den Kurs im Internet abrufen, für Ihn als Banker müsse es doch möglich sein, den Gegenwert von 20 Dollar auszurechnen. Schließlich macht er mir einen Zettel mit dem Umtauschkurs und ich kann mit chilenischen Pesos bezahlen. Über eine Stunde habe ich in der Bank verbracht. Mit der Quittung zurück zur Armada, wo ich nochmal alle möglichen Angaben für das Zarpe machen muß.
Zur Aushändigumng des Dokumentes kommen dann nach weiteren 2 Stunden 2 piekfein uniformierte an Bord und "prüfen" das Schiff.
Ich muß den Motor starten, sie wollen die Raketen sehen und den Windmesser, sie sehen die Feuerlöscher und sind dann zufrieden.
Jetzt darf ich Richtung Puerto Williams fahren, muß mich aber jeden Tag um 8 und 20 Uhr Ortszeit bei der Armada mit meiner Position melden..
Inzwischen war es so spät, daß wir am 29. 12. abends in Dunkelheit den Fluß runter hätten fahren müssen. So haben wir den Abend genutzt um das berühmte Brauhaus Kunstmann zu besuchen, wo man Bier aus großen "Saulen" am Tisch selbst zapft und deftige deutsche Speisen ißt, von Kassler über allerlei Würstchen und anderes Fleisch bis Hirsch und das ausgesprochen gut und preiswert.
So sind wir also wieder auf dem Pazifik Richtung Süden und wollen erst mal über das offene Meer 500 Meilen fahren bis zum Golfo de Penas.

Viele Grüße aus dem Südpazifik von
Jürgen, Thomas und Ingo

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