Mittwoch, 6. Januar 2010

Der mit den Eisbergen schwimmt

Hallo Zusammen,

Am 4. 1. segeln wir mit leichtem Rückenwind in die Straße von Messier, ständig wechselt das Wetter von diesig auf sonnig, leichten Regen und wieder Sonne. Die Genua zieht uns mit 5 Knoten vorbei an magischen Kulissen. In der Ferne blaßgraue Schneeberge, näher die Berge dunkler grau, davor braune Felsen mit dunkelgrünen Kiefern bewachsen, irgendwie erinnernd an Norwegen, Schottland und Island.
Abends fällt der Anker in der Bucht "Caleta Point Lay", einem schmalen Einschnitt in der Isla Wellington. Das erste Mal bringen wir Landleinen aus: Man ankert mit Buganker und fährt dann rückwärts in eine ganz schmale Bucht und sicher das Schiff mit Landleinen hinten beidseits an Bäumen oder Felsen. Wir haben einen riesigen Bund Polypropylenleine ( schwimmt) besorgt und versuchen nun jeweils ca. 100 m davon kinkenfrei mit dem Beiboot auszubringen. Da das neue Beiboot eigentlich zu groß für die Leon de Mar ist, können wir es nur ohne Luft an Deck stauen, und so ist die Aktion, es ins Wasser zu bringen recht aufwendig. Wir kranen es mit dem Großfall hoch, lassen es aufrecht wieder aufs Deck runter und blasen dann die Schläuche auf. Als es schließlich schwimmt, läuft Wasser hinein, denn das Abwasserloch liegt dummerweise unter der Wasserlinie, was ich falsch eingeschätzt habe und den Srtöpsel nicht zugemacht..
So habe ich zum endgültigen Aufblasen der Schläuche erst mal nasse Füße.
Aber schließlich bringen Thomas und Ingo die Landleinen aus, beide auf Slip, so daß wir sie später vom Schiff aus bedienen können.
Bald bullert der Ölofen und wir genießen Linsen mit Würstchen, heute verlängert mit Nudeln und dazu den überfälligen Sylvester-Sekt.
Am nächsten Morgen ist es total windstill, die steilen Ufer und der Halbmond am zwielichtigen Morgenhimmel spiegeln sich im braunen Wasser, in der Ferne sieht man Robben schwimmen.
Ich nehme mein Morgenbad, nicht viel länger als eine Sekunde, bin aber mächtig stolz darauf, ganz unterzutauchen.
Später holen Thomas und Ingo Wssser aus dem nahen Wasserfall und bald müssen wir schon weiter.
Wie eigentlich immer auf dieser scheinbar so langen Reise ist der Termindruck lästig, man bräuchte hier viel mehr Zeit, Monate statt Wochen..
Mit besten Bedingungen segeln wir weiter nach Süden zum Eingang des Iceberg - Fjordes. Hier nehmen uns die steil aufragenden hohen Berge den Wind und wir motoren durch 4 Grad kaltes hellgrünes Wasser Richtung Gletscher. Dann wird das Wasser dunkler grün und die Temperatur steigt an auf 9 Grad. Die Wasserfarbe scheint einen Indikator für die Wassertemperatur zu haben.
Delphine, die hier schwarz-weiß sind, begleiten uns und ein besonders gut gelaunter zeigt uns geschraubte Saltos, Pirouetten und gerollte Luftsprünge.
Und dann kommt der erste "Eisberg" angeschwommen, Eisberg ist etwas übertrieben für diese ca 5 m großen Gebilde, aber sie sollen ja unter Wasser erheblich größer sein..
In der Ferne sehen wir den Gletscher mit weißer Oberfläche und blauem Eis an der Abbruchkante. Hin und wieder ein ungewohntes Dröhnen, wenn wieder ein Brocken abbricht und ins Meer stürzt.
Wir manövrieren vorsichtig durch die Eisbergchen und Thomas gelingt es, von einem die Spitze abzubrechen, so daß wir für den Abend Whisky on the Iceberg -Rocks genießen können.
An der tiefbleuen Eisbergkante können wir uns gar nicht satt sehen und verharren lange treibend zwischen den Schollen und machen sicher an die 200 Fotos. Plötzlich werden wir auf Kanal 16 angerufen.
An Land steht eine Hütte der Nationalparkverwaltung CONAF. Dort wohnt jeweils für einen Monat eine Besatzung, jetzt zwei Männer und des einen Frau mit Tochter von 1 Jahr, 3 Monaten. Wir werden zu Kaffee und selbstgebackenem Brot eingeladen, später zum Abendessen mit Fisch aus dem Fjord. Hier kommen im Jahr knapp 15 Yachten vorbei und es war auch schon mal ein Kreuzfahrtschiff hier, aber insgesamt doch sehr einsam. Wege oder Straßen hierher gibt es nicht und die Bewohner haben auch kein eigenes Boot. Ihre Aufgabe ist es, die Wildtiere ( Füchse, Ziegen, und andere Reh-artige Tiere, deren Namen ich nicht verstanden habe zu beobachten. Manchmal gehen sie auf die Jagd nach verwilderten Kühen, die in den Bergen rumlaufen sollen, aber eigentlich gibt es wenig zu tun. Die Station ist das ganze Jahr besetzt, Die Vorräte müssen jeweils für 5 Wochen mitgebracht werden, eher kommt kein Versorgungsschiff, zwischendurch gibt es aber Verbindung durch Telefon und Internet.
Es herrscht Mangel an Kartoffeln und Schokolade, so geben wir ein wenig von unseren Vorräten ab und erhalten dafür frischgebackenes Brot.
Einen Brief nehmen wir mit, den wir in Puerto Edén persönlch zustellen werden.
Nach ruhigen Schlaf unter einer richtig warmen Decke zieht es mich am Morgen wieder ins Wasser, so daß ich tatsächlich, wenn auch nur eine Sekunde, mit den Eisbergen schwimme..
Und schon sind wir wieder auf dem Weg, Richtung Puerto Edén.

Viele Grüße vom magischen Ende der Welt von

Jürgen
von der Leon de Mar

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